Die 9. Große BU-Wandertour: Ohne Klo ist alles kacke!

 

Wanderwochenende der BU vom 18.-20.9.2015 in die Pfalz

 

 

Vorbemerkung: Auf Grund mir bislang unerklärlicher Ursachen wurde ich im letzten Jahr von einer erschreckenden  Schreibblockade heimgesucht. Einem wissenschaftlich hochrangigem Team ist es aber gelungen, diese Blockade zu lockern. Diesem Team und auch allen anderen beteiligten Menschen meines Umfeldes sei an dieser Stelle noch einmal mein Dank ausgesprochen.

 

Ohne Klo ist alles Kacke oder therapeutisches Wandern unter Dschungelcampbedingungen

 

Wie schon seit Jahrhunderten ging auch in diesem Jahr wieder der Sommer in den Herbst über und somit wurde es Zeit, dass die Wanderfreunde der Betongunion wieder ihre Wanderstiefel schnürten und den Rucksack zu einem anspruchsvollen und in diesem Jahr auch therapeutisch begleiteten Wanderwochenende packten. Im Vorjahr hatte Claudio zwar einen zaghaften Versuch unternommen, seine berufsbedingten Fähigkeiten in ein solches Wochenende einzubringen, aber die BU war noch nicht soweit, sich angstfrei darauf einlassen zu können. Durch viele Einzelsitzungen und – gespräche fassten die Wanderjünger aber in diesem Jahr den Mut , ihr Schicksal ganz in die Hände unseres Seelenprofis und Noch  - Trainers zu legen und so ging es in die Pfalz in ein Dschungelcamp in einem Wald, aus dem mit Sicherheit niemand herausgeholt werden konnte, da es ab von jeglicher Zivilisation und somit auch fernab von den unsäglichen Fernsehteams unserer Zeit stattfinden sollte.

Schon Wochen zuvor wurden von der Organisationsleitung Gerüchte in die Welt gesetzt, dass es sich bei der diesjährigen Behausung um ein sehr spartanisches und  unmenschliches Basislager handeln würde, deren Beschreibung von vielen Mitreisenden, mich eingeschlossen, nicht ernst, zumindest aber unterschätzt wurde. Andere wiederum, die an der Glaubwürdigkeit des Gesagten keine Zweifel hatten, nahmen ein paar Tage ihres Jahresurlaubs, um so rechtzeitig anzureisen, dass sie eins der wenigen Betten erbeuten konnten, in dem bisher nicht üblichen, und im Folgenden noch aufzuarbeitenden Glauben –wer zuerst kommt, schläft zuerst ( weich ). Auf Grund dieser verwerflichen Charakterlosigkeit saßen laut Auskunft eines ortsansässigen Jägers ab Montag in bekannter Stunksitzungskartenverkausmanier auch vier bezahlte Studenten vor der verschlossenen Hütte, um den dann am Mittwoch anreisenden Wandermitgliedern, ihre Warteplätze zu übergeben. Wie schön waren da noch die Zeiten, als sich einvernehmlich im Losverfahren geeinigt wurde, wer ,wo mit wem schläft, und wie viele enge Freundschaften, die daraus resultierten haben bis heute noch Bestand.

In diesem Jahr waren wieder zwei Debutanten am Start. Thomas, ein frühzeitig alternder Schwabe und Gregor, die Fleischpeitsche aus Nippes, die mit Macht vergessen lassen wollte, dass sich in o.g. Begriff eine Beschreibung einer nicht allzu weit entfernten weiblichen Verwandten versteckt.

Nach den unterschiedlichen Anreiseterminen trafen sich dann letztlich alle Wanderfreunde pünktlich zu einer im Vorfeld arrangierten Weinprobe bei ???????????????  Ja, man liest recht, die Betongunion begann das straff und durchgängig hervorragend organisierte Wanderwochenende mit einer Weinprobe. Man kennt die Freunde, die einen umgeben schon sehr lange. Man ist mit ihnen schon durch Höllen gegangen, man hat mit ihnen schon den Himmel berührt. Man sieht sie laut grölend und Flüssigkeit in erhabenen Mengen schluckend vor sich. Alles scheint verlässlich und für immer so zu bleiben. Und dann sieht man sie in neuem Licht. Gläser, die nur ansatzweise mit vergorenem Traubensaft gefüllt sind, werden langsam und vorsichtig zu Munde geführt. Die Lippen neigen sich leicht über den kristallgläsernen Rand. Kaum merklich wird der Arm gehoben, bis ein kleiner Tropfen sich einen Weg durch das Glas bahnt und die weißliche Flüssigkeit den Gaumen benetzt, woraufhin sich die Lippen spitz zusammenziehen, die Stirn sich in Falten legt und Worte wie „ außerordentlich“ und „sehr interessant im Abgang“ die Münder verlassen. Auf dem Weg in die heiligen Gewölbe des Weinguts wo sich die Schätze befanden, wurde geflüstert, und einige zogen die Schuhe aus, um den noch jungen und vor sich hinreifenden Wein nicht zu erschrecken. Kurz wurde es weltpolitisch. Den verfluchten , imperialistischen und nichtwissenden Amerikanern wurde nach 70 Jahren noch einmal hinterhergespuckt, und den Franzosen nachträglich ein angenehmer Rausch nach der Verkostung des erbeuteten  Kriegsweins gewünscht. Mittlerweile waren die angereisten Sportler hungrig. Bei einem anschließenden Vortrag über Sinn und Zweck des Lageweins und weiteren Anekdoten, wurde ein gereichter Brotkorb in Windeseile geleert. Die Referentin brach hier weise ihre Erzählungen ab und reservierte auf die Schnelle für alle einen Sitzplatz in einem ortsansässigen Restaurant. Zum Abschied wurden wie immer Hände geschüttelt und Telefonnummern getauscht und man verließ hungrig und durstig das Gelände. Nachdem Bene uns kurzzeitig als Hessen deklarierte ( was natürlich schnell berichtigt wurde), wurde endlich ein Lokal ausfindig gemacht, in dem der Schankwirt genug Essen und Getränke in den Vorratskammern hatte, um alle Münder und Mägen für diesen Tag ausreichend zu stopfen.

Satt und müde ging es anschließend an einer Burg vorbei zurück ins Dickicht und nach 25 Jahren gemeinsamen Fußballspiels war hier für mich ein historischer Moment, denn ich sah Sportkameraden sich das erste Mal schwitzend und keuchend vorwärtsbewegen. Wer noch dazu in der Lage war, sammelte Reisig und größere Baumreste, um ein Feuer zum Schutz vor wilden Tieren und zum Erwärmen der schon unterkühlten Körper zu entfachen. Mitgebrachte neue Campinglampen wurden auf Grund nicht zu bewältigender technischer Schwierigkeiten in die Ecke geschmissen, Lichter wurden in die Großtierfallen gestellt und gemeinsam hing man den Eindrücken des vergangenen Tages nach. Günters Körper hing dann aber so stark, dass er nach früh einsetzendem Schlaf während eines gemeinsam gesungenen Wanderliedes, nach dem Aufwachen durchgerüttelt und geschüttelt wurde, als hätte sich ein böser Zauber auf ihn gelegt. Nachdem das  rituelle Singen, das Verbrennen mitgebrachter Talismane und das Auspeitschen mit Birkenzweigen keinen Erfolg brachten, wurde Dr. Hoover aus dem Schlafsack gezerrt, ein Arztzelt kurzfristig aufgebaut und eine Sprechstunde abgehalten. Die Praxisgebühr wurde entgegengenommen und nach einem halbstündigen Gespräch unter Berücksichtigung der von Claudio ausgearbeiteten Erkenntnisse, wurde Günter dann entlassen und ohne Zähne putzen ins Bett geschickt, wie sich am Folgetag herausstellte, die beste Therapie, die es in dieser Situation geben konnte.

Die Nacht war kurz und zugig. Der einsetzende Regen trieb einige aus dem Schlafsack, um die Sitzmöbel mutig und selbstlos vor dem Durchweichen zu retten. Wider Erwarten wurde es am folgenden Tag doch wieder hell. Zum Glück aller Anwesenden konnte kein Kaffee gereicht werden, da zu diesem Zeitpunkt schon fast alle Wanderer konzentriert darauf waren, die Arschbacken zusammen zu kneifen, denn ein Klo gab es ja nicht. Der Druck wurde nur wenigen so groß, dass sie sich ins Unterholz schlugen und trotz der großen Wahrscheinlichkeit von Wildschweinangriffen arschwärts über Baumstümpfe hingen, um den vom Vorabend gefüllten Darm zu entleeren. Für die kontrollierteren Wanderer ging es dann in zügigem Schritt in ein Hotel, in dem für kleines Geld ein ansprechendes Frühstück gereicht wurde. Von 9:00 –11:00 Uhr waren dann aber sämtliche Sanitäreinrichtungen fest in BU -Besetzung. Und die Veränderung der Vorher – bzw. Nachhergesichter war imposant.

Endlich ging es dann auf steilem und steinigem Untergrund ins Gelände. Waldwege, die der Zauberwelt der Märchen entlehnt zu sein schienen, führten die Gruppe zu Hexenlöchern, in denen dann aber zum Glück keine waren. Schon zu diesem Zeitpunkt warf sich eine wahnsinnige Bandbreite der individuellen Laufgeschwindigkeiten auf. Mathes hatte sich sehr viel vorgenommen für diese Tage und mimte den Tempohasen, obwohl im Vorfeld niemand den Versuch des Aufstellens eines neuen Weltrekords angemeldet hatte. Dahinter dann die sich hetzende Meute. Bei erstmals einsetzendem Regen sah sich die Wandergesellschaft dann für eine kleine Rast ein letztes Mal in einer zauberhaften Waldschenke. Die nun schon annähernd dehydrierten Körper wurden mit unterschiedlichen Flüssigkeiten gefüllt. Ein lauter Gong ließ alle aufmerken. Wenige hofften sogar eine Vorankündigung einer Zugverbindung zu hören. Aber Pustekuchen.

„ änunfünfzsich un dräunfünfzsich, zwämol de Supp“ . Ach du Scheiße, das konnte doch nichts Gutes bedeuten. Waren wir alle in Gefahr, gab es noch Hoffnung? Erst Thomas, der alternde Schwabe konnte die Wanderer beruhigen und eine gesunde Farbe in die Gesichter der Freunde  zurückbringen. Nur die Fertigstellung einer Vorspeise wurde bekannt gegeben. Doch noch einmal dem sicheren Tod von der Schippe gesprungen.

Dann ging es gestärkt weiter und die Spreu musste sich sehr schnell von dem alles in den Boden laufenden Mathes Weizen trennen. Als erfahrener Wanderer war meine einzige Perspektive mich hinter ihn zu klemmen, zum Einen , weil Mathes eine geologische Ausbildung hat, und man diese in der Wildnis vielleicht mal gebrauchen kann. Zum anderen hatte er zumindest auch nen Plan von der Gegend. Außerdem hatten die Wege hier so furchteinflößende, grausige Namen ( Geißbockweg o.ä. ), dass ich niemals nie hier alleine sein wollte. Bedingt durch das unmenschliche Tempo, das Mathes anschlug, riss die Gruppe nun immer weiter auseinander. Regen setzte erneut ein und zumindest die derzeitige Führungsriege erreichte noch trockenen Hauptes eine Flüssigkeiten anbietende Herberge. Die Anderen. Wer waren sie und wo waren sie? Und vor Allem, könnte man sie ohne Netz jemals wiederfinden? Die Pause wurde zu einer zermürbenden Nervenangelegenheit, vielleicht auch, weil zeitgleich ein nicht allzu wichtiges Fohlen – Geißbockderby stattfand, dass die wenigen Fußballinteressierten womöglich reizte. Als die verloren geglaubten Freunde dann eintrafen, wurde allen Beteiligten klar, dass es wichtigere Ereignisse gibt als Derbys. Man nahm sich noch mehrere Male wohlgesonnen in die Arme und dann ging es gemütlich und zu Karstens Glück ohne Umwege zurück ins Basislager. Zum dritten Mal setzte Regen ein, und bis heute ist nicht nachvollziehbar, ob es nun an der Zauberzahl drei oder an dem Spruch, dass Regen zu bestimmten Jahreszeiten ( ich dachte immer es sei der Mai ) schön mache, aber Bene riss sich urplötzlich die Kleider vom Leib, um sich in der, in Strömen vom Himmel fallenden Flüssigkeit, zu säubern.

Ein Kreis wurde gebildet und Claudio befragte die Teilnehmer nach ihrer Befindlichkeit. Was hat dir Gefallen? Was nicht? Wie ging es dir mit dir? Wie ging es dir mit den Anderen? Hast du auch so einen Hunger? Als diese Frage dann von allen Teilnehmern positiv beantwortet werden konnte, startete erneut der steile Abstieg ins Tal. Nun war der Tag nicht über die Maßen kühl, aber was die Mannschaft jetzt erwartete, war eine zur Sauna umfunktionierte helenische Taverne. Dr. Hoover konnte sich so geben, wie er wollte, versuchte sogar mit der an Körpermaßen ihm ähnelnden Schankwirtin einen Trikottausch, aber diese verneinte, höflich, aber auch bestimmt. Die Wanderer stillten ihren Durst, füllten ihre zusammengeschrumpften Mägen mit unterschiedlich fettigen Nahrungsmitteln und  tauschten ihre gemachten Erfahrungen aus. Als es wieder daran ging dem Erlebten nachzuhängen, war es diesmal an Mathes hängen zu bleiben. Dr. Hoover setzte zwar kein Blaulicht, zumindest dann aber doch einen professionell besorgten Blick auf und schritt zur Tat. Bis jetzt konnte nicht abschließend geklärt werden, ob der unwohlseinspendende Virus Günters auf den ahnungslosen Mathes übersprang, oder ob Mathes dem hohen Tempo Tribut zahlen musste, aber um etwaigen Nachfragen zuvor zu kommen, sei hier berichtet, dass es Mathes wieder gut geht. Zum Abschluss in der Nacht dann wieder der steile Aufstieg ins Basislager. Mathes konnte den Weg aus eigenen Kräften bewältigen. Wieder wurde ein großer zeremonieller Kreis gebildet und neben Liedern, die das Heimweh der Wanderer lindern sollten, wurden innige Bande zwischen dem Doktor und seinem neuen Helfer geknüpft. Diese konnten nur schwer wieder getrennt werden, aber dann gings auch schnell ab in die Kojen wo jeder seinen eigenen Träumen nachhängen durfte.

Am Morgen dann die gleiche Prozedur des Vortages. Arschbacken zusammen bis zum Frühstückshotel, warten, warten, warten und dann wieder loslassen nach alter Väter Sitte und entspannen. Ein letztes Mal wurden die Wanderschuhe geschnürt und auf malerischen Pfaden ging es wieder in den Wald. Eine sich am Wegesrand anheimelnd darbietende Schänke wurde angesteuert, eine letzte Stärkung entgegengenommen und dann wurde der Pfad zum Basislager ein letztes Mal bewältigt. Hausarbeiten wurden ausgeübt, es wurde gefegt, gespült und um die Schaffenskraft eines Handwerkers zu befriedigen, wurde eine Leiter in Einzelteile kunstvoll zerlegt. Einem Dutzend erfahrener Menschen gelang es sogar noch, die Tür zu unserer Herberge zu verschließen. Die Weinkäufer wurden nach Abschluss ihrer Geschäfte noch von der Weingöttin nach allen Regeln der Winzerkunst zusammengefaltet, weil die Reservierung im Lokal des ersten abends von den Wanderern nicht abgesagt worden war. Die Rückfahrt verlief in unterschiedlichen Droschken problemlos. In Erinnerung bleibt ein erfahrungsträchtiges Wanderwochenende in der Pfalz, für das Claudio nicht genug gedankt werden kann.