Alles Malle , oder was?

Wieder ging es los mit einer Horde frischrasierter und tatenkräftiger Männer, um ein Wanderwochenende zu erleben das, wie immer, seinesgleichen suchte. Im letzten Jahr deuteten schon erste Anzeichen auf eine Verrohung der Sitten hin, als die Wahl der Betten verwerflicherweise den Frühangereisten vorbehalten blieb, damals schon sprach ich von einer Charakterlosigkeit, die ihresgleichen suchte. Aber was sich in diesem Jahr abspielte ist durchaus als mallorcesque zu beschreiben. In diesem Jahr zog es uns erneut ins belgische Trooz, dem Ort an dem vor einigen Jahren der Meister auferstanden war und mit seinen Jüngern der Wahlspruch – die BU rettet die EU – ins Leben gerufen wurde. Was ist aus alldem mit den Jahren geworden. Die BU schaffte es nur teilweise die EU zu retten und der Meister zeigte in diesem Jahr, dass Wunder nicht jederzeit vollzogen werden können. Dazu später mehr. Um der Chronologie Folge zu leisten möchte ich hier mit der Anreise beginnen. Wie immer wurde der Anreisezeitpunkt sehr individuell gewählt, was zur Folge hatte, dass die später Ankommenden einen gehörigen Rückstand in der Vernichtung der reichlich vorhandenen Getränke aufzuholen hatte, was auch nur in Ansätzen gelingen konnte. Aber, wie in der Heimat versprochen oder zumindest angekündigt, wurden in diesem Jahr auch keine Saufgelage veranstaltet, auch wenn Mallorca besonders am ersten Abend sehr präsent war. Wie auf der herrlich sonnigen und landschaftlich reizvollen Insel üblich, wurden in Belgien zwar keine Liegestühle mit Handtüchern belagert, aber die fortschreitende, vielleicht auch altersbedingte Charakterlosigkeit des Vorjahres, s. Bericht 2015, wurde auch in diesem Jahr nicht weniger deutlich. Es wurden Betten reserviert, bzw. belegt und das mit ganz unterschiedlichen Gegenständen. Natürlich ist es rührend und kaum wegzudiskutieren, wenn einer der Wandersleute das Foto seiner Liebsten auf einen Nachttisch stellt, aber welche Mittel von anderen genutzt wurden möchte und darf ich hier nicht unerwähnt lassen. Socken, Unterhosen, Mützen wurden so auf den Betten drapiert, dass gleichsam eine in Besitznahme angetäuscht wurde, zu der es weder im Vorfeld noch in der entstandenen Situation eine Legitimation gab und mich immer weiter dahin bringt, auf zukünftigen Reisen im Vorfeld zu bestimmen, dass die Wahl der Betten nach Körperkraft oder Körpermasse vorgenommen werden sollte. Darwin hat hierzu eine Theorie verfolgt, der ich persönlich zukünftig Nachdruck verleihen sollte. Eine andere Idee von T. klingt auch interessant. Bettvergabe nach einem Schachboxen Turnier.

Als alle Wanderer eingetroffen waren, Hände geschüttelt und die Betten bezogen waren traf man sich zum ersten gemeinsamen Essen in den Hallen des Hauses. E. hatte mal wieder Nahrung aus seiner Heimat vorbereitet und sie war wie auch schon beim letzten Mal delikat und gab eine angenehme Schwere in der Bauchgegend. Alle versammelten sich um den üppig gefüllten Tisch. Alle? Nein, ein Wanderer befand sich zu diesem Zeitpunkt noch auf der wunderschönen Ferieninsel Mallorca. E. hatte noch schnell mit ihm Kontakt aufgenommen und teilte uns die traurige Nachricht mit. U. verweilt seit Dienstag auf Mallorca. Die Gesichter der Wanderer wurden lang und länger, da jeder, gerade auf den jährlichen Wanderungen, das persönliche Gesundheitstagebuch vorlegt, um eine Idee für das zukünftige Weiterleben zu bekommen. Was jetzt? Doch vermutlich nagte ein Hauch von schlechtem Gewissen an U. und er packte seine Badehose ein, holte sein Handtuch von der Liege, die er für den nächsten Tag schon reserviert hatte, charterte sofort nach dem Telefonat eine Privatmaschine und landete noch fast pünktlich auf dem Landeplatz vor Ort. Die zuvor verdunkelten Gesichter erhellten sich schlagartig, richteten sich in die von Kofferrollen vibrierende Abendluft und wie aus einer Kehle stimmten alle ein „ Buenas Dias Mathias wir sind wieder da“ an. Und dies war der Startschuss zu einem musikalischen Abend, den es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Aus alltäglichen Situationen wurden spielerisch Texte entwickelt, die zu Nummer 1 Hits werden könnten. So gestand der Meister, dass er keinen TÜV mehr habe und direkt schall es aus mehreren Räumen – Ich hab kein TÜV kein TÜV mehr, ich habe kein TÜV kein TÜV mehr. Aufgeworfen und gesungen wurde dann auch die Frage, ob man, wenn man zwei Jahre keinen TÜV mehr habe, beim nächsten Mal dann sofort für vier Jahre TÜV bekommen könne. Nach den gesungenen Beiträgen und den zahlreichen Wünschen an die Reiseleitung für den nächsten Tag, ging es dann in angespannter Vorfreude auf den nächsten Tag in die Betten. Jeder in sein vorbereitetes Reich, nur zwei, bei denen KAMERADSCHAFT immer noch großgeschrieben wird, teilten sich in Ermangelung eines Bettes eine Liegestätte. In der ersten Nacht noch friedlich. Die Nacht verlief ohne besondere Vorkommnisse, alle wurden wach, alle lebten. Zum Sonnenaufgang traf dann auch ein Neuling in den heiligen Kreis der Wandererfahrenen ein und er wurde freundlich und wohlwollend begrüßt. Die üblichen Rituale wurden vollzogen und der Schweigekodex verbietet es hierauf näher einzugehen. Allerdings war der Novize R., wie alle die das erste Mal diesen Schritt in einen neuen Lebensabschnitt gehen sehr aufgeregt. Jeder geht bekanntlich anders mit einer solchen nervlichen Belastung um, R. schlug es ziemlich auf den Magen und davon sollte er sich an diesem Wochenende leider auch nicht mehr erholen. Beim nächsten Mal wird er das hoffentlich souveräner verpacken können. Die Wanderung an diesem Tag führte durch wunderschöne Landschaften und verlangte den Beteiligten mal wieder alles ab. Das Wetter war gut, jeder fand sein Tempo und niemand wurde anschließend vermisst, was bei der großen Teilnehmerzahl ja nicht zwangsläufig selbstverständlich ist. Zu einem Eklat führte beinahe aber eine hessische Marotte, die in Belgien noch nicht bekannt ist. Müll in Mülleimer zu stecken, womöglich noch in Mülleimer, die einem nicht gehören ist in Belgien nicht bekannt. Glücklicherweise schienen die Waffen der Besitzerin aber nicht erreichbar zu sein, sodass B. diesen schwarzen Tag in seinem Leben nicht mit gleichnamigen bezahlen musste. Der Abend wurde eingeläutet, Individualkritiken zum Laufstil während der Wanderung wurden von den Erfahrenen gegeben und der Grill wurde entzündet.

Und trotz aller Versuche der reichlich technikkompetenten Menschen konnte das Fernsehen nicht auf Sportschaumodus geschaltet werden. So beschränkte man sich auf die wichtige Nahrungsaufnahme, um später dann dem Abendprogramm beizuwohnen, in dessen Verlauf Kindheitsträume erfüllt wurden. DJ Z. und DJ R. heizten der Rasselbande so richtig ein. Versteckt hinter Sofas kramten sie einen Hit nach dem anderen aus den Musikarchiven und langgehegte Musikwünsche konnten erfüllt werden. Bis spät in die Nacht hallten aus den mitgebrachten Musikröhren weniger oder auch mehr bekannte Klänge, die Erinnerungen an die Jugend wiederbelebten. G., ganz in diesen scheinbar traumhaften Erinnerungen versunken, wachte dann auch erst nach langer Zeit wieder auf, alleingelassen, verspannt, aber mit einem seeligen Lächeln ausgestattet. Mit einem Schmunzeln um die Augen rief er „ wo seid ihr Schweine?“, trollte sich dann aber doch ins Bett. Dort lagen schon alle schlafend, alle, nein nicht alle, denn in einem Zimmer ging es noch lange rund. Zwei Männer, die sich nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht eingestehen mussten, dass sie nicht für einen One Night Stand geschaffen sind lagen noch lange wach. Beide mit reichlich Torwartgenen ausgestattet bestätigten sie den in Fußballkreisen bekannten Ruf, dass zwei Positionen im Verdacht stehen, mit einem gewissen Irrsinn ausgestattet zu sein. Der linke Läufer und eben der Torwart ( Kahn, Lehmann, Wiese um nur einige lebende Exemplare zu nennen sind hier die besten Beispiele). Zwar bemühten die zwei sich zunächst so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen, aber so wie der Stürmer nachts im Einschlafen oft wach wird, weil er in Gedanken einen Schuss ins Toreck schießt, wachten die beiden immer wieder auf, weil sein Nachbar sich durchs Bett warf, und den Kopf des Mitschläfers in seinen Händen und unter dem Körper begrub. Torhüter halt, sie können eben nicht anders. Gut dass beide mit Handschuhen ins Bett gegangen waren, so kam es immerhin nicht zu Kratzspuren auf der Gesichtshaut. M. wurde es dann doch irgendwann zu aufreibend und er beschloss dann die Nacht draußen als Wache zu verbringen, immerhin war man ja in Belgien, und da weiß man ja nie was passiert. Am nächsten Tag schien das Wetter zunächst nicht auf der Seite der Wanderer zu sein. Es regnete ununterbrochen. Üppiges ausgedehntes Frühstück, Verabschiedung des nun doch nervlich voll ausgezehrten R. und dann wurden die Wagen bestiegen und es ging ins Hohe Venn. Das Wetter beruhigte sich zunehmend und strammen Schrittes ging es wie am Vortag auf die gut 20km lange Piste. Und diesmal gab es kein Vorgeplänkel. Schnell bildete sich eine Führungsriege und die hielt das Tempo durch Morast und interessante Holzstege bis zum Ende hin sehr hoch. Die Vegetation war wenn auch nicht sehr artenreich zu jedem Zeitpunkt hochinteressant. Nur W. war an diesem Tag nicht übermäßig aufnahmebereit und ließ seinen Unmut am armen A. aus, der aber glücklicherweise Ohrstöpsel in einem Reisegepäck hatte, dieser schlaue Fuchs. Die Leader der Gruppe kamen noch im Trockenen an, der Rest nahm die ersten Regentropfen wehrlos an, danach schüttete es in Strömen. In der Herberge des Weges wurden dann noch einige belgische Bierspezialitäten zu sich genommen. Dann ging es zum Haus zurück. Spagetti rundeten den Tag kulinarisch ab. Jetzt möchte ich noch einmal auf den Meister zurückkommen. Gefangen im körperlichen Alterungsprozess, geplagt von alltäglichen Anforderungen wie TÜV und Steuererklärungen blieben erhoffte Wunder aus. Der Versuch Wasser in Wein zu verwandeln scheiterte in diesem Jahr, Spötter meinten sogar, dass er in diesem Jahr Wein in Wasser verwandelt haben soll. Aber die BU wäre nicht die BU, wenn sie nicht dazu in der Lage wäre, Kontakt zu Göttern aufzunehmen. Diesmal wollte M. sich als Bindeglied zu denen da oben zur Verfügung stellen. Nachdem er zunächst derwischsgleich durch den Raum getanzt war, versuchte er unter zu Hilfenahme ausgewählter Kräuter einen Kontakt mit den Göttern herzustellen. Ob er ihn wirklich herstellen konnte? Entkräftet wurde er nachher zu Bett geleitet und ob er mit E. zusammen noch einen Schrein erbauen wollte, ist ungewiss, aber ein kunstvoll in die Wand gehauenes Loch lässt es vermuten. Danach wurde es zur Überraschung Aller politisch. Zwar wollte die BU nach dem letzten Mal die EU retten, aber es wurde nie konkret. Das war diesmal anders. Alle erinnern sich noch an Herrn Rüttgers. Kinder statt Inder und diese Aussage hatte ja durchaus rassistisches Potential. Doch jetzt wurden die Inder erneut aufs Parkett gebracht, zurück ins Boot geholt. Inder statt Rinder. Zugegeben dieser Spruch wurde nach dem Abendessen geäußert aber es entbrannte eine Diskussion, der zu folgen nur den weltdurchschauendsten Anwesenden vorbehalten blieb. Und da Politik zu den privaten und in vier Wänden bleibenden Angelegenheiten gehört kann und möchte ich hier nicht weiter darauf eingehen. Zum Abschluss noch eine ganz verrückte Neuigkeit. An einem der Abende beschlossen die Wanderer, dass die BU zukünftig wieder Fußball spielen will. Dankenswerterweise übernahm E. die volle Verantwortung für die Organisation zum Training. Seitdem spielt die BU wieder regelmäßig Fußball. Danke E.! Natürlich auch herzlichen Dank an die Reiseleitung, die auch in diesem Jahr wieder hervorragende Arbeit geleistet hat.

Many